Berufsauftrag

Fehler im Berufsauftrag korrigieren und damit Lehrpersonenmangel beheben und Qualität sichern

Vernehmlassung zum Berufsauftrag

Ende März 2023 hat der Zürcher Regierungsrat Vorschläge zur Anpassung des Berufsauftrags für Lehrpersonen in die Vernehmlassung geschickt. Die vorgeschlagenen Änderungen gehen aus Sicht des ZLV in vielen Punkten in die richtige Richtung, bleiben teilweise aber deutlich hinter den tatsächlich notwendigen Schritten zurück. So schlägt die Regierung neu 60 Stunden für eine Jahreslektion vor. Das ist zwar mehr als bisher (58 Stunden), aber erst auf halbem Weg zu den 62 Stunden, welche der ZLV seit langem fordert. Auch bei der Entlastung für Klassenlehrpersonen stimmt die Richtung eigentlich, die nun vorgeschlagenen 120 Stunden pro Schuljahr (bisher 100) bleiben allerdings sehr deutlich hinter der ZLV-Forderung von 250 Stunden zurück.

Nicht einverstanden ist der ZLV mit der vorgeschlagenen Anpassung beim Dienstaltersgeschenk DAG. Der Vorschlag, wonach das DAG in Form von Urlaub nur noch während der unterrichtsfreien Zeit möglich sein soll, ist komplett an der Schulrealität vorbeigedacht und unangemessen. Zudem ist eine Anpassung des DAG im Rahmen des Berufsauftrages sachfremd und war auch zu keiner Zeit Gegenstand der Evaluation des Berufsauftrags. Der ZLV hat diese Kritik gegenüber dem Volksschulamt bereits zum Ausdruck gebracht und lehnt die Anpassung in seiner Vernehmlassungsantwort entsprechend klar ab.

Hier geht’s zur Vernehmlassungsantwort des ZLV

 

Wo das Problem beim Berufsauftrag liegt

Seit dem Schuljahr 2017/2018 gilt im Kanton Zürich für die Lehrpersonen der «neu definierte Berufsauftrag». Dieser legt die Brutto-Jahresarbeitszeit für ein Vollzeitpensum auf 2184 Stunden fest (netto 1890 Stunden) und gliedert die Lehrtätigkeit in verschiedene Tätigkeitsbereiche (z.B. Unterricht, Klassenlehrperson, Zusammenarbeit etc.). Zur Berechnung der Arbeitszeit für den Unterricht wurde ein Lektionenfaktor von 58 Stunden festgelegt – pro Lektion im Stundenplan werden der Lehrperson 58 Stunden Jahresarbeitszeit angerechnet. Für die Funktion als Klassenlehrperson werden 100 Stunden angerechnet. Diese Festlegungen erfolgten nicht aufgrund der pädagogischen Qualitätsansprüche oder des tatsächlichen zeitlichen Aufwands, sondern allein budgetorientiert – die Volksschule durfte nicht mehr kosten.

Wo das Problem hinführt: Zeitliche Überlastung und tiefe Pensen

Der strukturelle Fehler im Berufsauftrag führt zu einer viel zu hohen Arbeitsbelastung der Zürcher Lehrpersonen. Hochgerechnet auf ein Jahr fallen im Durchschnitt bei jeder Lehrerin und jedem Lehrer rund 8 Wochen unbezahlte Überzeit an (rund 340 Stunden Gratisarbeit bei einem Hundertprozentpensum). Als Reaktion reduzieren viele Lehrpersonen ihr Arbeitspensum. 2019 arbeiteten nur noch 20% der Lehrerinnen und Lehrer in einem Vollzeitpensum. Kindergartenlehrpersonen wurden im Berufsauftrag zudem zu strukturellen Teilzeitangestellten, da die sogenannten begleiteten Pausen nicht mehr im Pensum abgebildet sind.

 

Die Folge: Lehrpersonenmangel

Die tiefen Pensen vieler Lehrinnen und Lehrer sind eine der Ursachen des gravierenden Lehrpersonenmangels. Und das in einem schwierigen Moment: In den nächsten Jahren wird sich der Lehrpersonenmangel weiter verschärfen, weil viele Baby-Boomer pensioniert werden. Gleichzeitig prognostizieren die Statistiken für den Kanton Zürich bis gegen 2030 Rekorde bei den Schülerzahlen. Es ist von über 1000 zusätzlichen Klassen auszugehen.

 

Was es jetzt braucht

Um die gravierende Überzeitproblematik der Zürcher Lehrpersonen zu lösen und dem Lehrpersonenmangel entgegenzuwirken, braucht es nachhaltige strukturelle Massnahmen. Nur so lässt sich die Qualität der Zürcher Volksschule langfristig sichern. Der ZLV fordert deshalb im Rahmen der Überarbeitung des Berufsauftrags folgende Verbesserungen:

  • Höherer Lektionenfaktor für eine Jahreslektion: 62 Stunden pro Lektion (bisher 58)
  • Anrechnung Funktion Klassenlehrperson: 250 Stunden (bisher 100)
  • Kindergartenstufe: 100 Prozent Arbeit = 100 Prozent Lohn (Anrechnung der begleiteten Pausen)

Mit dem Evaluationsbericht des Berufsauftrags hat die Bildungsdirektion Handlungsbedarf anerkannt. Jetzt braucht es entsprechende politische Massnahmen – möglichst rasch.

ZLV-Forderungen zum Download

Mehr erfahren:

Der ZLV unterstützt die Zürcher Lehrpersonen auch mit praktischen Tipps rund um den Berufsauftrag. Erfahren Sie dazu mehr hier

Praktische Tipps zum Berufsauftrag für Lehrpersonen

Gesamte Arbeitszeit erfassen

Mit der Einführung des neuen Berufsauftrages muss die Arbeitszeit in den Bereichen Schule, Zusammenarbeit und Weiterbildung erfasst werden. Bei einer Klassenlehrperson betrifft dies nur knapp 11 Prozent der zu leistenden Jahresarbeitszeit. Da sich einzelne Arbeitsgebiete auch überlappen und der grosse Posten von Vor- und Nachbereitung bis jetzt nicht zum Zuge kam, empfiehlt der ZLV dringend, die gesamte Arbeitszeit (inklusive Unterricht und Klassenlehrperson) zu erfassen. Falls einmal eine Arbeit am falschen Ort eingetragen wird, hat dies keine Auswirkungen auf die Gesamtarbeitszeit.

Unten stellt der ZLV ein Arbeitszeiterfassungstool zur freien Verfügung. In diesem Tool ist auch eine Hilfstabelle mit den Tätigkeiten eingebaut.

Wichtig: Falls du deine Arbeitszeit nicht aufschreibst, ist dies ein Nachteil für dich, da du in den Verhandlungen mit der Schulleitung keine Daten hast!

Excel-Tool für die Arbeitszeiterfassung

Weitere Infos zum Berufsauftrag

Der ZLV und seine Sektionen und Mitgliederorganisationen bieten verschiedene Merkblätter und Informationen dazu an. Hier eine Übersicht:

  • Merkblatt Berufsauftrag - Erfolgreiches Verhandeln mit der Schulleitung
  • Merkblatt neuer Berufsauftrag SHP
  • Merkblatt neuer Berufsauftrag Kindergartenstufe

Merkblätter sind eine Dienstleistung des ZLV für seine Mitglieder. ZLV-Mitglieder können sie gratis beim Sekretariat bestellen.

Forderungen für Verbesserungen am Berufsauftrag und Zeiterfassungstool